Der Sommer, das wissen wir, ist die gefährlichste aller Jahreszeiten. Hinter der freundlichen Fassade der strahlend lachenden Sonne verbirgt sich häufig die häßliche Fratze des Verderbens: Pollenallergie, Dürre, Sonnenbrand, Schwitzflecken, Softeis mit Salmonellen, Waldbrände, geplatzte Grillwürste, "draußen nur Kännchen", Fußpilz im Hallenbad. Wie soll man sich da noch ohne schlechtes Gewissen auf die Sommerferien freuen?
Nur gut, daß die Industrie in dieser riskanten Kalenderphase auf uns alle Acht gibt und den Markt mit genügend Abwehrmitteln gegen die klimatischen Quartalsattacken ausrüstet: Pre-Sun-Lotion, After-Sun-Milk, During-Sun-Skin-Care, Vorbräuner, Genitalbräuner, Braunbräuner,Mega-Sun-Blocker, Shadow-Terminator, Fuck-the-Sun-Protection-Oil und Sonnencremes auf Gipsbasis mit Lichtschutzfaktor 2012, die es einem erlauben, nackt in einem Atompilz zu stehen, ohne daß sich die Haut rötet.
Das Neueste auf dem Gebiet der Summer-Security-Produkte ist das Sonnenschutzspray für die Haare. Sehr teuer, ebenso wirkungslos und extrem unsinnig - eine gewinnversprechende Kombination für die Frau von heute, die trotz praller Einkaufstüte immer noch Geld überhat und kein gesundheitliches Risiko eingehen möchte, wenn sie mal ohne Hut im angeschalteten Solarium übernachtet: Es filtert die UV-Strahlen, die sich durch die Dauerwelle schlängeln, verhindert Strähnchenbrand, schützt vor Haarkrebs. Eine tolle Sache.
Auch für die Medien sind diese Monate voller Risiken. Wie viele Fernsehformate gingen in die Sommerphase, ohne jemals zurückzukehren? Am meisten aber leidet das Publikum. 80 Prozent des Programms von Juli bis September besteht aus Wettervorhersagen und Wiederholungen von vermurksten TV-Absonderungen, die man besser noch vor der Uraufführung wegen grob fahrlässigen Totschlags von Sendezeit strafgelöscht hätte. Nicht selten kann dies beim Zuschauer zu Hirnjucken, Bläschenbildung an den Mundwinkeln und schockbedingter Pupillenzerrung führen.
Vom Verdauungstrakt ganz zu schweigen. Shows, die so schlecht sind, daß sie noch nicht mal in den Urlaub dürfen, werden nicht mehr ins Studio gelassen und müssen zur Strafe von draußen senden. Dies führt zu periodisch wiederkehrenden Open-Air-Entertainment-Perlen wie Arabella auf Rügen: Wahl der Miß Wattwurm 2002 oder Die Reportage: Lümmelmesse Langeoog. Unterhaltsam wie ein kleiner Sonnenstich. Vielleicht denkt die Industrie ja mit und bringt fix noch ein paar Brain-Blocker, Sendungscremes mit Dummschutzfaktor 12 und schmerzmildernde After-Glotz-Lotions heraus. Ich würd' schon mal eine Kiste vorbestellen!

Aha, ich merke, es kommt an...
Mal sehn, ob ich nicht noch was über die Elite der deutschen Unterhaltungsgesellschaft verwurstet bekomm' ...