Es gibt schöne Erlebnisse und es gibt subjektiv schlechte Erlebnisse. Ganz bewusst verzichte ich hier auf eine nähere Beschreibung. Das Wochenende vom 04. bis 06. Juni 2004 wird mir wohl in ewiger Erinnerung bleiben. Niemals hätte ich geglaubt, dass an einem einzigen Wochenende so viele Momente der Euphorie und der endgültigen Frustration so dicht, so schnell und so ungeordnet aufeinander folgen könnten.
Ich und meine weibliche Begleitung machten uns am Donnerstag um ca. 18 Uhr auf den Weg zum Nürburgring. Von mir aus sind das ungefähr 200 km. Gestärkt durch ein Essen bei Kentucky Fried Chicken fuhren wir in der Hoffnung, am Abend noch unser Zelt aufbauen zu können, los. Die Autobahn war wenig befahren, die Reise schien ohne Probleme von statten zu gehen. Das Besucherleitsystem, welches die Park- und Campingplätze in die Bereiche A bis D einteilte, verwirrte mich zunächst sehr. Ein Blick auf die Karte zeigte mir dann, wohin ich wollte. Leider waren die Parkplätze in der Nähe des Haupteingangs schon restlos belegt. Autos standen in hunderte Meter langen Schlagen, Hunderte Leute liefen an der Straße entlang, bepackt mit schwerstem Gepäck. Der Zufall ließ mich an sämtlichen Parkplätzen vorbeifahren. Anstatt mich in einer Autoschlange einzureihen und Stundenlang zu warten, wendete ich auf der Straße, winkte einem Mädchen in einem Passat zu, die mich dann vor ihr einfädeln ließ. So hatte ich nur noch 4 Autos vor mir und kam recht schnell zu einem Parkplatz auf einer großen Wiese. Ich sah auf meiner Karte, dass ich auf A1 gelandet war. Der nächstgelegene Campingplatz war A2, der jedoch schon voll war, weswegen wir auf A5a ausweichen mussten.
Zu zweit suchten wir einen geeigneten Zeltplatz. Am Eingang zu diesem Campingplatz wurde uns gesagt, dass noch Plätze frei wären. Diese vermeintlich freien Plätze zu finden gestaltete sich aber schwieriger als gedacht. Für uns als Rock am Ring-Anfänger war es durchaus faszinierend, dass es wohl Gruppen gab, die schon Mittwochs mittags mit mehreren Transportern anrückten und Bierzeltgroße Pavillons aufbauten, unter denen Generatoren, riesige Musikanlagen und kistenweise Bier beherbergt wurden. Im Gegensatz zu uns waren das wohl echte Rockprofis, die sich auch nicht davor scheuten, 5 Tage mit matschigen Hosen herumzulaufen. Irgendwann hatten wir dann eine 4 m² große Fläche gefunden, auf der noch kein Zelt stand. Die Zelte waren übrigens überhaupt nicht geordnet, also jeder baute gerade so auf, wie es ihm in den Kram passte, ohne Rücksicht auf Verluste.
Dort ließen wir uns nieder und bauten unser Zelt auf. Während des Zeltaufbaus kam einer angerannt der direkt meinte, wir könnten hier nicht zelten. Grund hierfür wäre, dass er noch auf 3 andere Leute warten würde, denen er diesen Platz reserviert habe. Unser Zelt stand aber schon fast, weshalb man sich darauf einigte, das Zelt etwas zur Seite zu schieben um Platz zu machen für ein weiteres Zelt. Später verstanden wir uns sogar sehr gut mit diesen Leuten und wurden gar von ihnen eingeladen, in ihrem riesigen Zelt mitzufeiern.
Noch Donnerstags abends machten wir uns auf den Weg zur Bandausgabe. Dort konnte man das Ticket eintauschen gegen ein kleines hellblaues Stoffbändchen, mit dem man Zugang zum Campingplatz und zum Festivalgelände erhielt. Hardcorerockamringer tragen dieses Bändchen wohl jahrelang, ich habe es zu Hause abgemacht und mir an die Wand gehängt. Auffällig, direkt beim Eintreffen war übrigens der hohe Alkoholpegel, der uns noch einige Tage begleiten sollte.
Nach einem langen Tag legten meinen Begleitung und ich uns ins Zelt und versuchten einzuschlafen, was sich aufgrund des harten Bodens sehr schwierig erwieß. Trotz 3 Isomatten und 3 untergelegten Schlafsäcken spürte man deutlich den steinigen Boden, auf dem man lag. Möglicherweise bin ich aber auch einfach nicht hart genug für sowas.
Freitags morgens wurde ich durch den Regen geweckt. Regen morgens, regen mittags und regen abends. Immer Regen, Draußen Regen, Regen auf der Wiese, Wiese wurde zu Matsch, immernoch Regen, ich hatte keine Lust mehr, Regen hielt an, ich wollte nach Hause, endlich weg aus dem Regen, aber es regnete bis in den frühen Abend. Ich habe den Tag quasi im Zelt verbracht, alles andere war mir zu blöd. Abends, als sich der Auftritt von Evanescence nährerte beschlossen wir zum Festivalgelände zu gehen. Es hatte glücklicherweise aufgehört zu regnen, der Matsch auf dem Campingplatz war aber sehr tief. Wäre man nicht ausgewichen, wäre der ganze Fuß wohl darin versunken. Den Alkis machte das wenig aus, die hatten schließlich Allwetterkleidung dabei und denen machte es ohnehin nichts mehr aus, wenn sie in matschigen Kleidern irgendwo mitten auf der Wiese im Regen einschliefen um ihren Rausch auszuschlafen.
Angekommen beim Festivalgelände wurde man kontrolliert, ob man nicht verbotenerweise irgendwelche Waffen mitbringt. Die Kontrolle hätte man sich auch schenken können, denn wenn man wirklich etwas vorgehabt hätte, wäre das überhaupt kein Problem gewesen. Da hatte man z.B. eine Kamera in der Tasche, die wurde nichtmal raugenommen, sondern es reichte wenn man sagte "das is nur n Fotoapperat". Hätte auch n Kästchen mit ner Bombe sein können. Wie dem auch sei, man konnte an der Boxengasse fast bis ganz nach vorn zur Center Stage gehen, wo dann die erste Absperrung auf uns wartete. Die Centerstage war die große Bühne, mit 2 riesigen Leinwänden, wo die Mainacts auftraten. Die Fläche vor der Centerstage war in 2 Bereiche unterteilt. Vorn, für die Verrückten, die halt ihre Band von ganz nah sehen wollen, dann kam ne Absperrung, dass auf die Verrückten nicht zu viele Leute draufdrücken konnten von hinten und dahinter dann quasi offenes Gelände. Kann man auf diesem Bild hier ganz gut sehen, dort wo die grünen Männchen rumlaufen war halt die Absperrung.
Nach Evanescence gingen viele Leute aus dem vorderen Bereich raus, weshalb die Absperrung kurz geöffnet wurde, um den vorderen Bereich wieder aufzufüllen. Unglücklicherweise spielte nach Evanescence KoRn. Hierzu sollte an allen unwissenden eine kurze Warnung ausgesprochen werden: KoRn-Fans sind verrückt. Gehe NIE auf ein KoRn-Konzert, wenn du weiterleben willst. Da wir sehr ungünstig standen kamen wir tatsächlich in den vorderen Bereich wo sich meine Begleitung (KoRn-Fan) und ich bis in die 5. Reihe vorkämpften. Wir wussten ja noch nicht, dass das ein großer Fehler war. Als KoRn nämlich anfing auf der Bühne durchzudrehen, fingen die Fans auch an, durchzudrehen. Es wurde gepokt, aber alle Achtung. Ist schon sehr faszinierend, wie viel Kraft 100 Menschen haben können. Man kann sich einfach nicht wehren und wird mal geschwind 2-3 m nach links oder rechts gedrückt. Bitte fragt nun nicht, warum diese "Fans" sowas machen, sie wissen es ja selbst wahrscheinlich nicht einmal. Auffällig dabei ist allerdings, dass viele dieser Halbstarken stark alkoholisiert sind. Ende vom Lied war, dass mir alles weh tat, meine Begleitung kurz in Ohnmacht fiel, von den Securitys rausgeholt werden konnte und ich mir dann den Weg nach hinten freiboxen durfte (war lustig, und macht Muskeln).
Deutlich geschlaucht von diesem scheiss Tag der mit Regen begann und dann auch wieder mit Regen endete, ließ ich mich in mein "Bett" fallen. Nachts konnte man nicht schlafen, weil ja überall auf dem Campingplatz Generatoren liefen, die genug Strom produzierten, um mindestens 10 Musikanlagen pro Hektar auf voller Lautstärke Onkelz, Hosen, Ärzte o.ä. laufen zu lassen. Man konnte jedenfalls nicht richtig schlafen, die Musik lief die ganze Nacht und auch den ganzen Morgen. Wenn man mal die Augen zumachte, wurde man wieder vom Regen wachgemacht. Ich wollte wirklich nach Hause und wäre wohl auch gefahren, wenn nicht an diesem Tag meine Lieblingsband aufgetreten wäre.
Der Bühnenplan vom Samstag versprach nämlich recht viel. Lost Prophets, Jet, 3 Doors Down, Nickelback, Muse, Faithless und die Red Hot Chili Peppers standen drauf. Bei den Lost Prophets gleiches wie bei KoRn, Jet war ganz cool, dann kam mein Lieblingsact: 3 Doors Down, die einen für mich unglaublich geilen Auftritt hatten.
Danach Nickelback, die mich mit ihren rockigen Liedern überrascht hatten. Auf Muse hatte ich mich ebenfalls gefreut, aber die können Live anscheinend nicht so toll spielen, mir hats nämlich gar nicht gefallen. Wir haben dann unseren Platz in der ersten Reihe des hinteren Bereichs abgegeben und versuchten, einigermaßen unbeschadet durch die pokenden Menge nach hinten raus zu kommen. Abends dann wieder Niesel, wir beschlossen, diese letzte Nacht im Auto zu schlafen, weil es auf dem Parkplatz im Gegensatz zum Campingplatz wirklich leise war. Wir bauten also während des Faithless-Auftritts unser Zelt ab, luden alles ins Auto ein und richteten uns für den nächsten Tag. Die Red Hot Chili Peppers haben wir uns noch angesehen, weil die aber scheisse waren, gingen wir wieder.
Da meine Begleitung großer Linkin Park-Fan ist, wollte sie unbedingt deren Auftritt aus der allerersten Reihe miterleben. Wir standen irgendwann um 8 Uhr auf, gingen uns duschen (dran stand "Warme Dusche: 2,50 €", man bekam aber allenfalls eine kalte Dusche, zwar auch für 2,50 Euro aber man hatte auch die Sicherheit, dass jeder beim Vorbeigehen an der Dusche reingucken konnte) und dann um 10 Uhr zum Einlass. Um 12 Uhr öffnete das Festivalgelände, dann mussten wir auch noch die gut 500 m zur ersten Reihe rennen, mir flog fast die Lunge raus, aber ich war einer der ersten 10.
Markus Kavka machte dann noch irgendwann die MTV News von der RaR-Bühne
Dann noch weitere 2 Stunden warten bis endlich der erste Act vom Sonntag kam. Das waren Static X, eine mir unbekannte Band, die allerdings viele Fans hatte. Auffällig an den Static X-Fans war, dass sie nach Schweiß rochen, ihre Haare fettig waren, sie die typische Rock-Handbewegung machten (Faust, und dann kleinen und Zeigefinger abspreizen), dann ihre Hand Richtung Himmel hielten und dann im Takt damit wackelten. Jeder normale Mensch stempelt Static X als Witzfiguren ab. Die wollen aber harten Rock machen, haben dann aber nichts besseres zu tun, als so weit nach oben zu gucken, dass man ihre Pupillen nicht mehr sieht und dann zu glauben, böse zu sein. Leider habe ich von dieser Muppet Show keine Bilder gemacht. Danach kamen die Donots, die mir sehr gut gefallen hatten, weil der Sänger mir echt sympatisch war. Dann The Rasmus, was auch ganz cool war, danach Dick Brave and the Backbeats, die mich wirklich positiv überrascht hatten mit coolen Coverversionen.
Dann Avril Lavigne. Tja und da ich ja noch in der ersten Reihe stand sah ich die gute halt 2 m vor mir herumturnen. Schönes Mädchen, muss man schon sagen.
Danach kamen Linkin Park, worauf meine Begleitung sich schon sehr gefreut hatte. Leider wurde es immer heißer und die Leute hinter uns wohl immer besoffener. Jedenfalls musste meine Begleitung eine halbe Stunde vor Auftritt von Linkin Park raus, weil sie sich sonst wohl ein paar Rippen gebrochen hätte. Es war schon heftig, wie stark die von hinten wie die Blöden gedrückt hatten. Das war nicht mehr schön.
Also guckte sie sich Linkin Park von hinten an und ich derzeit die Sportfreunde Stiller auf der Alternastage. Deren Auftritt fand ich richtig gut, hatte sogar bei einem Lied, mit dem ich sehr viele Erinnerungen verbinde, Tränen in den Augen. Danach fuhren wir nach Hause. Ihr glaubt gar nicht, wie schön es war, an diesem Abend in mein Wasserbett zu fallen und sich nicht mehr über schmerzende Knochen, laute Musik oder sonstetwas Gedanken zu machen...
Insgesamt fand ich es schon alles sehenswert, aber ob ich das nochmal mache, weiß ich nicht. Eins weiß ich aber: Wenn ich bei Rock am Ring 2005 zu sehen sein werde, werde ich ganz sicher in dem Hotel am Nürburgring übernachten.
Ach übrigens: Es ist schon unter aller Sau, was dort manchmal zu sehen war. Die Wasserlache hier auf dem Bild ist nämlich kein Regen, sondern Urin, weil die ganzen Kerle zu faul waren, sich in die WC-Schlange zu stellen. Richtig toll find ich sowas ja, Männer sind echt Schweine...