Fernab deutscher Landen gibt es so manchen Automobilhersteller, der den ein oder anderen Young-Harley-Biker zu begeistern vermag. Bislang beschränkte sich das eher auf nordeuropäische Gebiete, könnte sich nunmehr aber auch auf Kontinente jenseits von Europa ausweiten.
Spätestens mit NfS:U² sollte der neue Ford Mustang auch in Deutschland bekannt geworden sein, wenn nicht schon früher durch Automobilzeitschriften geschehen. Mustang, das war in den 70er Jahren eine heiße Straßenlegende, die sich bis heute gehalten hat. Und deswegen hat Ford den Wagen einfach neu aufgesetzt - und zwar nicht nur, wie die deutschen Unternehmen, mit vergeblich zu suchenden Anleihen an irgendwelche Modelle, sondern quasi exakt mit demselben Design, nur ein wenig aufgefrischt und der Zeit angepasst.

Und das Ding sieht einfach nur heiß aus, ganz anders als aktuelle Automobilmoden vorschreiben. Ein bulliges, breites Haifisch-Gesicht mit vier Scheinwerfern im hohen Grill und dem Mustang als Emblem, das ganze in konsequentem Fluss nach hinten über eine anhebende, sehr lange Motorhaube und A-Säule zum Spoiler gezogen. Hinten dann klassisch anumetende Rückleuchten, das alte Ford GT-Emblem und zwei Endrohre. Kombiniert mit breiten Kotflügeln und ebenso breiten Reifen steht das reinrassige Muscle Car vor einem und macht ganz scharf aufs Fahren. Vor allem natürlich auch wegen des Motors.
Im Innenraum trifft das Design der 70er auf moderne Elemente. Das blau beleuchtete (die Farbe ist jederzeit frei änderbar!), von Chrom umgebenem Kombiinstrument ist übersichtlich, enthält neben dem Drehzahlmesser und dem Tachometer noch eine Tank-, Spannungs-, Wasser- und Öltemperaturanzeige. Rechts unten ist ein gut ablesbarer Bordcomputer, der unter anderem den Durchschnittsverbrauch, Reststrecke und aktuellen Verbrauch anzeigt (eine Anzeige, die man nicht wirklich benutzen sollte, will man Spaß am Fahren haben...). Der Wagen war ausgestattet mit elektrischen Fensterhebern, manueller Klimaanlage, bestem Soundsystem, Ledersitzen mit elektrischer Verstellung und Bordcomputer. Viel mehr kann nicht bestellt werden.

Der dumpfe Anlasser erweckt die auf acht Zylinder verteilten 4,6l zum Leben. Für den Fahrer deutlich hörbar, nicht wie sonst alles verkapselt und auf flüsterleise getrimmt. Jedes der 24 Ventile, jeder Kolbenschlag scheint richtig greifbar - aber spüren kann man nichts davon, der Motor ist flüssigkeitsgefüllt aufgehängt. Die Fünfgangautomatik (Schaltung alternativ verfügbar) wird über einen ebenso klassischen, aber beim Bewegen quietschigen Wählhebel gesteuert. Leider gibt es keine Automatik mit Schaltmodus. Nach dem Einlegen von "D" geht's ab: laut stampfend und aggressiv drückt der Wagen bestialisch nach vorne (0-60 mph: ca. 6,5 bis 7 Sekunden), das hohe Drehmoment und die Endleistung von 300 SAE HP (295 PS) machen sich vom ersten Moment an bemerkbar. Das ganze Spektakel ist noch besser zu erleben, sobald man das Fenster herunterfährt und den Arm heraushängen lässt - im Baumarkt-Tuning-316ti häufig praktiziert und dort lächerlich, im Mustang hingegen eine absolut standesgemäße Haltung; dann noch die langen, vom Wind zerzausten Haare des Fahrers, eine coole Sonnenbrille und dem Spaß sind keine Grenzen gesetzt. Erst recht nicht, wenn man an der Ampel im Leerlauf mit dem Gas spielt, Blicke auf sich zieht und dann mit etwas quietschenden Reifen (235/55 17" hinten) einen sauberen Abgang hinlegt. Ab ins Klo mit der StVO (die Polizei hätte nicht unbedingt hinterherfahren sollen)!

Für den anspruchsvollen Puffpimp von heute eignet sich der Wagen aber nicht nur für's Geradeausfahren in der Stadt. Mit der direkten Lenkung und dem straffen Fahrwerk machen Kurven so richtig Laune. Der Mustang liegt satt, lässt sich flott durch die Gegend treiben. Ebenso wie der Fahrer, denn der wird in den straffen und dennoch komfortablen Ledersitzen gut gehalten. Sicher ist der Wagen nicht so agil wie ein Lotus Elise, aber darum geht es auch gar nicht. Wenn ich kleine Rutscher und dann vermeintlich tolle enge Kurven hätte fahren wollen, hätte ich schon entsprechend bescheid gesagt. Die Bremsen sind nicht ganz so überzeugend, verzögern aber trotzdem ausreichend.
An der Motorleistung gibts bei niedrigen Tempi nichts zu mäkeln, wäre da nicht die sehr stark verzögernde Automatik. Fährt man normal an oder beschleunigt aus, erfüllt sie ihren Zweck einwandfrei. Möchte man aber überholen (oder in der Stadt mal anprollen), verzögert sich das Herunterschalten bis zu drei Sekunden. Das hat den großen Nachteil, dass man das Gas stärker hineindrückt, weil man annimmt, man brauche noch mehr davon, weswegen man sich dann plötzlich bei 5.000 U/min befindet und einen Satz nach vorne macht. Immerhin ist die Automatik gut ausgelegt. Bereits ab 70 mph wird die Beschleunigung im Übrigen relativ unspektakulär, für über 110 mph braucht man schon längeren Anlauf. Zum Abhängen der vielen deutschen TDIs, CDIs, PDs etc. genügt es bei höherer Geschwindigkeit leider nicht.

Aber auch dafür wurde der Ford nicht gebaut. Sondern, wie oben schon breit erzählt, zum Prollen und Spaß haben. Ersteres kann man tadellos und zweiteres kommt dadurch. Endlos geil wenn man mit offenem Fenster durch einen Tunnel beschleunigt; dieser Sound, diese Lautstärke, dieses Feeling. Göttlich. So wie eine Harley, nur eben mit sechs Zylindern mehr. Und 15 Litern Verbrauch, wenn man gut angast. Geschätzte 12 Liter bei sanfter Fahrweise (laut Bordcomputer 11,5l).
Was gibt's sonst noch zu sagen? Amerikanische Baukunst eben. Das Interieur ist nett gemacht, erinnert stark an den Vorgänger und längst vergangene Zeiten, wirkt aber insgesamt durch die häufige Verwendung von Plastik nicht unbedingt so hochwertig, wie man es sich vielleicht wünschen würde. Andererseits gibt es an sich nichts so wirklich daran auszusetzen und für den niedrigen Preis (37.000 €) des Fahrzeuges erhält man verdammt viel Auto. Da gibt's bei uns einen nackten Passat dafür. Richtig viel Platz hat man in der Kiste, Kopffreiheit ohne Ende, Beinfreiheit auch hinten genügend. Das MP3-6fach-CD-Wechsler-Radio konnte mich kaum überzeugen, hatte zwar kräftigen Bass aber dafür dumpfe Höhen. Vielleicht muss man es erst noch richtig einstellen, aber dazu hatte ich weder Zeit noch Lust. Beim V8-Prollen brauche ich keine Dolby Surround Pro Logic-Musik. Die Verarbeitung ist im Übrigen tadellos, die schweren Türen ein Genuss beim Zuschlagen. Ebenso wie das toll gestaltete Lenkrad. Nichts klappert, nichts quietscht beim Fahren.

Tja. Muss man eigentlich haben, das Auto. Extrem bedauerlich nur die hohen Spritpreise, die beim Fahren gerade dieses Wagens ein tiefes Loch in die Geldbörse treiben. Da muss man entscheiden: darf pornomäßiges Prollen soviel wert sein? Am Spaß sollte letzten Endes aber doch nicht gespart werden!
Kurz hochgedreht im Tunnel
Ampelsprint